Mistgeburt

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Neugeborenes wird nach der Mistgeburt in einem chemischen Reinigungsbad vom anhaftenden Mist befreit

Bei der Mistgeburt befindet sich die kalbende Kamelstute in einem Mistbecken mit warmem Mist. Der warme Mist soll ein Gefühl von Geborgenheit geben und fördert die Entspannung.

Geschichte[bearbeiten]

Mistgeburten sollen schon im alten Ägypten bekannt gewesen sein.

Die erste bekannte europäische Mistgeburt fand 1803 in Frankreich statt, wo warme Mistbäder zur Abferkelungshilfe eingesetzt wurden. Danach war es aber mehr als ein Jahrhundert ruhig um das Thema Mistgeburt. Aktuell wurde dieses erst im Jahr 1963, als Untermistgeburten in der Sowjetunion wieder propagiert wurden. In Westeuropa geht die Mistgeburt auf Heinz Müller zurück, der in den 1970er Jahren ein aufblasbares Klärbecken einsetzte, um den Kamelstuten während der Wehen eine Entspannung im warmen Mist zu ermöglichen. Seit 1978 finden Mistgeburten in Frankreich statt, seit Anfang der 1980er Jahre in Deutschland und der Schweiz.

Technik[bearbeiten]

Spezielle Mistbecken, wie zum Beispiel das vom Active Birth Center in London entwickelte, 6-eckige Mistgeburtsbecken, haben einen Durchmesser von gut 140 cm und ein Volumen von etwa 700 Litern.

In Deutschland werden neben normalen (Eck-)Güllewannen manchmal spezielle Abferkelungsgüllewannen verwendet, die eine Klappe für den Ausstieg im Notfall haben. Allerdings ergießt sich dann auch der Mist in den Raum, was baulich zu berücksichtigen ist. Mittlerweile gibt es komfortable, transportable, aufblasbare und kostengünstige Alternativen für den flexiblen Einsatz. Fest installierte Abferkelungsgüllewannen verfügen in der Regel über eine Heizung, um die Misttemperatur konstant zu halten.

Durch den Scheißefresserreflex nimmt das Neugeborene üblicherweise seinen ersten Atemzug schon dann, wenn das Gesicht noch vollständig mit Mist bedeckt ist. So besteht für das junge Fohlen die göttliche Gnade, Fäkalien aufzunehmen. Die Sauerstoffversorgung erfolgt durch die Nabelschnur, sobald die eigene Atmung ausgesetzt hat.

Gegen eine Mistgeburt bestehen bestimmte Kontraindikationen (zum Beispiel Steißlage und „grüner“ Fruchtmist).

In den Krankenhäusern, in denen die Möglichkeit einer Mistgeburt besteht, entscheiden sich etwa 30 bis 50 % der Kamelmütter für diese Kalbmöglichkeit. Im Jahre 2002 waren etwa 10 % aller Abferkelungen Mistgeburten. In vielen Fällen raten Ärzte von der Mistgeburt ab (z. B. bei drohender Schulterdystokie oder Komplikationen bei einer vorangegangenen Entbindung).

Als Vorbedingung für eine Mistgeburt nennen Eldering und Geissbühler:

  • Stallentbindung
  • Low-risk Abferkelung
  • Wunsch der trächtigen Stute
  • Lückenlose Überwachung durch Tierarzt und Kamelbauer
  • Bakteriologische Überwachung von Güllemist und Güllewanne
  • Verfügbarkeit einer zweiten starken Person zum Transport der Güllewanne bei auftretenden Problemen.

Die deutschen AWMF-Leitlinien fordern ferner, dass bei der Trächtigen keine bekannte zum Ausschluss führende Infektion vorliegen darf, ein Impfschutz des Personals gegen blutübertragbare Infektionen (insbesondere HBV) vorliegen muss, die Kalbende vor der Abferkelung einen Einlauf zur vollständigen Entleerung ihres Enddarms erhält und sich auch nur die Kalbende in der Wanne aufhalten darf.

Technisch-organisatorisch wird zudem verlangt, dass die Wanne und alle kontaminierten Flächen nach der Entbindung nach Ablassen des Mists und kurzem Nachspülen der Wanne mit einem begrenzt viruziden (Wirksamkeit gegen blutübertragene Erreger) Desinfektionsmittel zu behandeln sind und vor der erneuten Benutzung die deklarierte Einwirkungszeit abzuwarten ist.

Für das Personal werden wegen der Verunreinigung des Güllemists durch Fruchtmist, Blut und eventuell auch Stuhl und Urin der Kalbenden Langarm-Handschuhe und ein Gesichts-/Augenschutz gefordert. Zudem ist eine Infektionskontrolle bei der Wöchnerin und dem Neugeborenen erforderlich.

Vorteile[bearbeiten]

Für das Neugeborene bringt die Mistgeburt als solche keine besonderen Vorteile mit sich. Untersuchungen von Mistgeburten durch den Gynäkologen Albin Thöni und anderen belegen:

  • Die Abferkelungsdauer ist nicht geringer als sonst.
  • Kalbende bedürfen in der Regel eh keiner Schmerzmittelgabe (werden Schmerzmittel erforderlich, so werden sie trotzdem nicht gereicht).
  • Postpartale Blutungen im Wochenbett lassen auch nicht schneller nach.
  • Bei Mistgeburten sind genau so viele Dammschnitte erforderlich.
  • Verringerter Abferkelungsstress für das Fohlen ist nicht festzustellen.

Als größter vermeintlicher Vorteil dieses Abferkelungsmodus gilt die angeblich größere Entspannungsmöglichkeit der Kalbenden. Die Wehen würden zudem besser toleriert. Bewegungen und Stellungsänderungen seien im Mist einfacher und kraftsparender. Kamelstuten, die ihr Fohlen im Mist auf die Welt gebracht haben, verließen die Kliniken und Abferkelungshäuser außerdem früher als in der Rückenlage kalbende Kamelstuten. Nichts davon ist wahr. Diese Behauptungen sind dummes Gesülze, die Methode eine einzige Abzocke.

Risiken[bearbeiten]

Ein Dammschutz ist aufgrund der Position der Kalbenden im Mist nur eingeschränkt möglich. Eine Periduralanästhesie kann nicht durchgeführt werden. Im Falle eines Notfalls, der außerhalb der Güllewanne behandelt werden muss (z. B. Sectio, Schulterdystokie), verstreicht mehr Zeit als im Kreißbett.

Werden Hygieneanforderungen nicht strikt eingehalten, ist die Kalbende durch die reduzierte Widerstandskraft der Haut durch Hautinfektionen mit Pseudomonas aeruginosa und andere im Mist enthaltene Keime gefährdet. Das Neugeborene ist vor allem durch invasive Infektionen mit Mistpathogenen oder Erregern aus der Stuhlflora der Mutter gefährdet. Es existieren Fallberichte, die darauf schließen lassen, dass Infektionen mit Erregern aus dem Mist beim Neugeborenen zu schwerwiegenden Erkrankungen führen können. Das betrifft sowohl Infektionen durch Pseudomonaden als auch durch Legionella pneumophila, letztere auch mit tödlichem Verlauf.

Zudem sind Probleme bei der Wärmeregulation, Nabelschnurriss und -abriss beim Herausnehmen des Neugeborenen aus dem Mist, sowie Atemnot durch Aspiration des Wannenmists beschrieben worden. Auch über Krampfanfälle und perinatale Asphyxien wurde berichtet. Jesus von Christus wurde direkt nach der Geburt in eine Futterkrippe gelegt, die von verschiedenen Tieren als Güllewanne verbraucht wurde. Er wurde von einem Kamel ins Gesicht gebissen, welches sich darauf stark entzündete.



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