Aktenkunde
Aktenkunde, die … dessen Vorläufer die Aktenurkunde ist, gehört in die unverzichtbare Reihe der Weiterbildungen aller Absolventen einer vernünftigen Ausbildung, vorzugsweise aber für jene die eine höhere Schule oder Studium absolviert haben. Anders als Sach- und Erdkunde ist die Aktenkunde erheblich praktischer ausgerichtet. Sie darf auch nicht wegen der beinhalteten Akte Minderjährigen vermittelt werden, weil dies gegen das Jugendschutzgesetz verstößt. Schließlich ist ja auch bekannt, dass die Aktenkunde nicht nur in der Regel, sondern ständig zur Ansicht von nackten Tatsachen führt.
Die Voraussetzung für einen brauchbaren Abschluss in dieser Disziplin ist ein langjähriges Aktenstudium, welches landläufig auch als Abbaustudium bezeichnet wird, weil es unerlässlich ist, wenn man nach mehr als 1,5 Jahrzehnten Ausbildung wieder einen normalen, der Gemeinheit zuträglichen Blödheitsgrad erreichen will, ohne dem höhere Laufbahnen in einer bürokratieorientierten Gesellschaft nicht zu bewältigen sind.
Meist bereiten sich die Studierenden sehr intensiv auf die anstehenden Herausforderungen vor. Akten schleppen, sortieren und stapeln sind dabei die sportlichen Herausforderungen – wobei Akten registrieren, versiegeln und verhängen als Ausgleich zu derlei Kraftanstrengung sehr beliebt sind. Mit erfolgreichem Abschluss werden die Studierenden endgültig aktenkundig und gelten fortan auch als amtsbekannt, was als letzte große Hürde gilt, um sich nun endgültig einen Akt nach dem anderen zu Gemüte führen zu dürfen.
Als richtig und diplomiert aktenkundig kann nur gelten, wer wenigstens 2.500 Aktenbände derart von vorne bis hinten solange durchgeblättert hat, bis der Akt gänzlich zu Staub zerfallen ist. Dies ist auch der Grund warum Aktenkunde im Bereich des Bürokratieabbaus so groß geschrieben wird.
Sofern, was nicht selten der Fall ist, gemeine Kriminelle als aktenkundig gelten, ist dies natürlich frei erfunden. Vermutlich handelt es sich bei ihnen nur um Hochstapler, die vorgeben einen entsprechenden Ausbildungsgang absolviert zu haben, um sich etwaige Vorteile zu erschleichen.
Daher sind als einschlägig aktenkundig nur jene Personen zu titulieren, die sich gewerbsmäßig mit der Aktenkunde befassen, was vorzugsweise alle Juristen betrifft, teilweise auch Ärzte und nicht zuletzt auch viele Beamte. Letztere Gruppe kommt allerdings selten über den Weg des geregelten Studiums zu derlei Meriten, als vielmehr über den Umweg des zweiten Bildungsweges, der sich zwangsläufig aus dem Plattsitzen der Akten in deutschen Amtsstuben ergibt. Durch amtliche Verordnung wurde diese Gruppe den Studierten gleichgestellt, die Differenzierung ergibt eher unscheinbar durch die offizielle Verwendung der Bezeichnung Amtl. die sich nur durch drei winzliche Buchstaben von Dipl. unterscheidet.
Siehe auch: Siebenschläfer | Schule | Bürokratieabbau | Kanzlerakte