News:2025-11-07 – Bündnis Sahra Wagenknecht benennt sich um
News vom 07.11.2025
Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat beschlossen, sich in „Bündnis Sozial-Autonomie-Heimat-Reform-Allianz für Wachstums-Agenda, Gemeinwohl-Europa, Nationale Kooperation, Nachhaltigkeit, Entwicklung, Chancengleichheit, Harmonisierung & Transformation“ umzubenennen. Sahra Wagenknecht fliegt dabei aus dem Parteinamen; die Partei behält jedoch die „Abkürzung Bündnis S.A.H.R.A.W.A.G.E.N.K.N.E.C.H.T.“
Damit verabschiedet man sich offiziell vom Personenkult — indem man ihn in 18 Buchstaben zementiert wie die Reichsadler-Edition eines Scrabble-Sets. „Wir wollten nicht mehr, dass Sahra im Mittelpunkt steht“, so die Parteiführung, während hinter ihr ein drei Meter hohes Portrait von Sahra im patriotischen Soft-Focus leicht im Wind raschelt wie die Bundesadler-Bettwäsche aus dem AfD-Weihnachtskatalog.
Die Partei betont, man sei „demokratisch, links, progressiv und voll gar nichts mit chauvinistischem Heimathype am Hut“. Was natürlich absolut glaubwürdig ist — sofern das Wörterbuch heimlich von Kaiser Wilhelm redigiert wurde und „Heimat“ dort unter „Vaterländische Knuddelzone“ steht.
Denn wer „Heimat“, „national“ und „Kooperation“ in ein Akronym presst, das zufällig WAGENKNECHT ergibt, sagt praktisch: „Wir machen Antipersonenkult — mit Namen, Fanfare, Fackelzug-Light und Fanclub-Telegram-Sticker-Set.“
Aus trotzkistischer Perspektive sieht das Ganze aus wie ein cosplayender, national-sozial-romantischer Kostümball, bei dem alle ernsthaft so tun, als sei „Internationalismus“ nur ein neuer E-Scooter-Sharing-Dienst und die Revolution könne warten, bis die Nation ordentlich geföhnt ist.
Natürlich ist das alles nicht wirklich autoritär. Es wirkt nur so, wenn man jahrelang in Die Linke rumläuft, „Basisdemokratie!“ ruft, und dann Basisbeschlüsse behandelt wie Flüchtlingsunterkünfte in einer Wagenknecht-Talkshow: „Interessant, löschen wir das bitte wieder.“
Historische Erfahrung zeigt: Sobald Organisationen schon zu Lebzeiten nach einer lebenden Leitfigur benannt werden, verwandeln sie sich im Tod dieses Sternchens schneller in musealen Vintage-Kult als ein vergilbtes Führerporträt im Regal von Oma Reichsapfel. Die Hitlerjugend war das Paradebeispiel: Solange der Obermusterschüler mit dem Schnauzbalken noch persönlich winkte, konnte man das Ganze als stramm durchorganisierte Zukunftsjugend verkaufen. Aber in dem Moment, in dem der Leithammel seine Karriere abrupt beendete (aus Gründen, die Versicherungen heute „Eigenverschuldung mit extremer Brandwirkung“ nennen würden), wirkte die ganze Bewegung plötzlich wie ein zu heiß gewaschener Geschichts-Pulli: eingelaufen, peinlich und vor allem so staubig wie das pädagogische Konzept einer Fackelwanderung bei Nacht.
Ganz anders das Prinzip „toter Märtyrer als Markenzeichen“, wie bei den Thälmann-Pionieren. Wer nach einem bereits historisch haltbar gemachten sozialistischen Schutzheiligen benannt wird, hat Ruhe. Ein Toter wird nicht älter, er twittert nicht, er gibt keine Interviews, und er sabotiert die Mythologie nicht mit spontanen Takes zum Thema Grenzschutz. Tote Ikonen sind wie politische Tiefkühlpizza: nicht unbedingt gesund, aber ewig haltbar. Man kann sie nach Belieben mit Ideologie bestreuen, und niemand steht auf und sagt: „Moment, das habe ich so nie gemeint.“ Thälmann konnte im Nachhinein nicht noch plötzlich eine Kolumne gegen Geflüchtete schreiben oder die Basis mit charmanter Betonwandmentalität vor den Kopf stoßen. Er war praktisch — wie jeder gute Märtyrer — perfekt still.
Und nun stellen wir uns die hypothetische, natürlich rein theoretische Frage, was ein plötzliches, tragisches Ableben von Sahra Wagenknecht für eine nach ihr benannte Partei bedeuten würde — völlig wertfrei, ohne Prognose, ohne Wunsch, einfach als politikwissenschaftliches Gedankenspiel im Sandkasten des Personenkults. Passiert das vor der Umbenennung, steht die Partei über Nacht da wie eine Mischung aus „Wir wollten eigentlich eine Bewegung“ und „Ups, jetzt sind wir der politische Andachtsgruppen-Chat“. Der frische Zukunftsduft kippt sofort in Kerzenwachsgeschmack, und jede programmatische Debatte verwandelt sich in die liturgische Frage, ob Genossin Sahras letzter Talkshow-Satz kanonisch ist oder nur apokryphes Material aus der WELT-Peripherie. Die Partei wird nicht mehr gestaltet, sondern konserviert, und irgendein Altmitglied mit pilgernden Augen ruft garantiert: „Genossin Sahra hätte gewollt, dass wir die Umlautung in ‚völkisch-solidarisch‘ rehabilitieren!“
Stirbt die Leitfigur hingegen nach der Umbenennung, dann zieht der Mythos den Turbo-Märtyrermantel über. Von der „Bewegung für Vernunft und Kartoffelpuffer“ mutiert alles plötzlich zu einem sakralen Erbe-Komitee, das „ihre Vision“ interpretiert, bis selbst orthodoxe Stalinisten sagen: „Freunde, das ist mir ein bisschen viel Weihrauch.“ Die Partei könnte dann tatsächlich zeitlos wirken — allerdings nicht, weil sie politisch modern wäre, sondern weil der Personenkult nun endlich denselben Aggregatzustand erreicht hat wie alle großen identitären Ersatzreligionen: heiliger Nebel, unantastbar, unüberprüfbar, emotional rabattfrei.
Kurz gesagt: Eine nach lebender Leitfigur benannte Organisation bleibt jung, solange die Figur atmet — und verwandelt sich im Todesfall in ein politisches Diorama-Set mit tragischem Pathosfilter. Eine nach totem Idol benannte Organisation hingegen wirkt ewig — aber nur, weil Tote nicht widersprechen, sich nicht weiterentwickeln und ihre Fans die Zeit einfrieren dürfen, ohne dass die Realität dazwischenfunkt.
Und wer gleichzeitig „Egalität!“, „Basis!“ und „Keine Führungsfigur außer natürlich unsere Führungsfigur, aber das ist was ganz anderes, weil sie Recht hat“ ruft, landet irgendwann zwangsläufig dort, wo alle Personenkult-Projekte enden: mit viel Symbolik, wenig Zukunft und der unsterblichen Frage, ob man die nächste Parteikonferenz in einem Saal abhalten sollte, der nicht ganz zufällig wie eine Mischung aus Gewerkschaftshalle und romantisch beleuchtetem Pionier-Mausoleum mit Heimatduft wirkt.
Und jetzt? Aus „Bündnis Sahra Wagenknecht“ wird „Bündnis S.A.H.R.A.W.A.G.E.N.K.N.E.C.H.T.“ Das nennt man Fortschritt. So wie wenn die Reichsbürger auf einmal 5G-Telegram benutzen: Technisch modern, Ideenkern weiter Bronzezeit-Chauvi-Kuscheldecke.
Der neue Name ist ein politischer Poesiealbum-Eintrag von jemandem, der beim Wort „Heimat“ gleichzeitig Gänsehaut bekommt und die Möbel im Wohnzimmer automatisch im Reichsadler-Stil imaginär ordnet.