Countertenor

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Ein Countertenor ist ein Sänger, der auf höchste Töne spezialisiert ist und diese hinter einem "Counter" (engl. für "Ladentheke" oder "(Post-,Bank-)Schalter") zu singen pflegt vor einem coronavirusabstandsregel-konformen Publikum von genau einer Person.

Am Ladentisch singt der Ladenbesitzer gerne das Lied von den Waren, die man nur von ihm bekommen kann, und sollte sein Sang dem Kunden gefallen, schaut er gleich nach, ob er die Ware von unter dem Ladentisch hervorzuzaubern vermag oder ob ihm rechtzeitig ein anderer Stammkunde einfällt, dem er noch mehr Geld dafür abknöpfen könnte. In letzterem Falle hängt er noch eine Entschuldigungskadenz an sein gesungenes Stegreif-Opus hintendran.

Ist der Kunde der Glückliche, der die Ware bekommen soll, muss dieser sich widerum entschuldigen und ersteinmal zur Bank gehen, um das nötige Kleingeld zu holen. Am Bankschalter erfährt er, dass er pleite sei. Darum beschließt er auf der Stelle, in Kuhzunft sparsamer zu sein und verlangt dafür die Einrichtung eines Sparkontos von seinem Gegenüber. Dann ist der Bankbeamte dran, seiner Countertenorstimme höchste Töne zu entlocken zum Lobe viel besserer Geldanlagen, die er anzubieten hat, nach dem Motto, sie dem Kunden "aufzusingen", denn "Aufschwatzen" ist ja sowas von uncool. Glücklich verlässt der Kunde die Bank mit einer 100seitigen Lebensversicherungspolice in der Manteltasche.

Aus der Tasche enfernte er aus Platzgründen erst noch das Päckchen für Tante Erna, und begibt sich für dessen Versand vom Bankschalter direkt zum Postschalter. Der Schalterbeamte dort ist auch ein ausgefuchster Countertenor und singt ihm in höchsten Tönen von den Vorteilen des versicherten Express-Einschreib-Versand-Tarifes, wofür der Kunde glatt das dreifache Porto berappen muss im Vergleich zum zuverlässig am nächsten Tag ankommenden Standardpäckchen.

Schließlich geht unser Held des Alltags auch noch zur Apotheke, um ein paar Kopfschmerztabletten, einfachste Sorte, zu erwerben. Hinter der Apothekentheke erwartet ihn ein bösonders kastratenähnlich hoch singender pharmacy counter tenor, der das Lied von der Wunderheilung Donald Trampeltiers durch Hydrochloroquin, Remmdesivir, und noch viel gewinnträchtigeren Globuli zu singen versteht wie sonst keiner. Natürlich darf der Kunde anschreiben lassen, schließlich ist der Vetter des Pharmazeuten ein knallharter Gerichtsvollzieher.

Der Kunde verlässt die Apotheke als stolzer Besitzer des besungenen zweifelhaften, sogar US-Präsidenten heilenden Medikamentencocktails. Ein Mittel gegen Kopfschmerz ist nicht dabei. Den wird er aber zufairlässig bekommen, wenn ihm aufgeht, wieviel Geld er an diesem Tage wieder aus dem Fenster geworfen hat, bevor er es überhaupt verdient hat. Zuhause findet er die Kündigung von seinem Arbeitgeber im Briefkasten. Umgehend begibt er sich zum nächsten Schalter, den vom Jobcenter. Was er da wohl für ein Lied zu hören bekommt?