Zeitlos
Ein Zeitlos ist laut Seinspapst Heidegger die einzige Möglichkeit für eine ewig vor sich hin seiende Singularität, Zeit zu gewinnen. Denn was ewig ist hat keine Zeit. Eine Singularität ist derart in ihrem eigenen Sein gefangen, dass sie nicht mal in der Lage ist, zur Losbude zu gehen, schon weil ihr dazu die Zeit fehlt. Die fehlt ihr auch, um Wissen anzuhäufen, etwa über die Gigamilliarden Galaxien, die noch unausgerollt in ihr schlummern nebst Teratrillionen noch unangezündeten Sonnen.
Der Losverkäufer heißt zu allem Überfluss auch noch Gott, und er fühlt sich ignoriert von der Singularität. Schließlich beginnt er aus Frust mit seiner Schöpfung, der Reklame. Etliche Werbeaktionen fruchten aber auch nichts, denn die Singularität kommt trotz aller ihr innewohnenden Reichtümer einfach nicht vorbei, um ein von ihm immer wieder als noch so preisgünstig und chancensicher angepriesenes Los zu kaufen. Schließlich hat der Herr Gott von der Losbude die Faxen dicke und zieht mit verschlossenen Augen selber, perfekt nach dem Zufallsprinzip also, ein Los aus seiner Lostrommel und bringt es zu der Singularität, um es ihr als kleine Aufmerksamkeit zu schenken - der einzige Werbetrick, den er noch nicht ausprobiert hat also.
Als er die Hand, in welcher er das Los hält, der Singularität entgegen streckt, reißt zunächst die Anziehungskraft des unbeschreiblichen Dinges, welches so eine Singularität eben darstellt, das Deckblatt des Loses ab. So kann der Herr Gott gerade noch erkennen, dass statt dem Wort "Niete" das Wort "Zeit" auf dem Los in seiner Hand geschrieben steht. Im selben Moment entreißt die Gravitation des zeitlosen singulären Dinges dem Losverkäufer sein Zeitlos. So hatte also augenblicklich die Singularität zur Ewigkeit ihres Seins noch weitere Zeit dazugewonnen. Zeit, die nun dem Herr Gott fehlte, um seine Losbude wieder abzubauen, hatte er doch den Großteil seiner Zeit verplempert damit, Werbung zu machen für seine Lose. Die restliche Zeit, die er noch übrig hatte, war schließlich die, die die Singularität gewonnen hatte. Für sie war es ein Zeit-Jackpot - zig Milliarden Jahre waren ihr nun an Zeit gegeben, um sich vollstens zu entfalten, d.h. in ihr zuvor verborgene Potenziale entfalteten sich als schillernde Galaxien voll leuchtender Sonnen. Gott war tot, aber die Dinge nahmen ihren Lauf, und das ursprüngliche singuläre Dingsdabums wurde zur schier unendlichen Vielheit der Erscheinungen im Universum. Und das nur wegen dem Losverkäufer, der einen Knall hatte und daher die Idee mit der Lotterie mit ungewissem Ausgang. Gott habe ihn selig - ach nee, der war ja selber Gott? Oder? Wie nun? Wohl weil es Gott ist, kann er sich auch selber selig haben. Logo.
Anfang 2023 konnte Universumsgenie Dr. O. Medar mit seinem von Elon Musk gratis in die Erdumlaufbahn geschossenen Weltraum-Kameloskop erstmals so weit in die Tiefe des Universums schauen, dass er die Losbude erblickte, und daneben liegend tot den Losverkäufer. Pflichtschuldigst berichtete er dies dem geistlichen Oberhaupt der Erdscheibe, welches umgehend seine Kirchenschatztruhe ausschüttete, um nachzuzählen, ob ihr Inhalt für eine Weltraummission dorthin, ans Ende des Weltalles, reicht. 42 goldene Heiligenfigürchen - das müsste reichen, um per Anhalter durch die Galaxis und den Rest des Alles zu kommen, dachte er sich und machte sich auf den Weg, denn er weiß: Eine Losbude, die das Zeitlos zu vergeben hatte, um ein ganzes Universum in Gang zu setzen, die hat für ihn auch noch ein Los in Petto: Das Gottlos.