Grauwal
Die Grauwal ist ein pseudodemokratischer Vorgang, welcher in den USA praktiziert wird. Sie ist gegliedert in mehrere, von einander völlig unabhängige Maßnahmen. Aus bisher noch nicht vollständig erfroschten Gründen weist sie einen Zyklus von vier Jahren auf.
Typischerweise beginnt die Grauwal damit, dass jedes Kamel einmal blind in einen Topf mit roten und blauen Aufklebern greift. Für die Dauer der aktuellen Grauwal bestimmt die Farbe des Aufklebers die Zugehörigkeit des Kamels zu einer ideologischen Volksgruppe. Mangels andersfarbiger Aufkleber stehen lediglich die beiden größten Volksgruppen zur Wal, nämlich die Bunten Demokraten in Blau und die Weißen Republikaner in Rot. Diese farbliche Dissonanz hat historische Gründe und sollte nicht weiter hinterfragt werden.
In jeder der beiden Volksgruppen treten nach kurzer Selbstfindungsphase mehrere Politiker hervor. Der statistischen Unwahrscheinlichkeit folgend sind vier Fünftel dieser Politiker völlig unbekannt, unbedeutend und für den Ausgang der Grauwal irrelevant. Jedoch kommt ihnen ein allgemeiner Versorgungsauftrag für das übrige Fünftel von Politikern zu. Denn eine Regel der Grauwal lautet, dass sich alle teilnehmenden Politiker für die Dauer der Grauwal ausschließlich von freiwilligen Spenden von Nichtpolitikern ernähren dürfen.
Die Bedeutsamkeit der einzelnen Politiker korreliert sehr stark mit deren Lebensalter. Je älter ein Politkamel, desto größer sind seine Chancen auf eine herausragende Rolle in der Grauwal-Show. Die hierbei häufig vorkommende Farbe Grau der Kopfbehaarung gab der Grauwal ihren Namen. Die jüngeren Politkamele hingegen gelten als besonders fit und werden deshalb zum Sammeln Walkampfspenden verpflichtet.
In der zweiten Eskalationsstufe der Grauwal beginnen die Politkamele mit einem lautstarken Balzgeschrei. Dieses dient in erster Linie dazu, Nichtwäler im geschlechtsreifen Alter zu beeindrucken. Gleichzeitig soll das Geschrei die Politkamele der jeweils anderen Volksgruppe ablenken. In der Regel finden solche Balzwettkämpfe in großen Fußballstadien vor sehr vielen Kameras statt. Jedoch bleiben in dieser Phase der Grauwal beide Gruppen von Volkszertretern noch strikt von einander getrennt.
In zahllosen Ausscheidungsschreikämpfen wird jeweils einer der Politschreihälse aussortiert. Davon sind alle Nichtpolitiker durch das Fernsehen sofort informiert und enthalten ihm fortan jegliche Walkampfspenden vor. Um nicht zu verhungern, verabschiedet sich das betreffende Schreikamel heimlich, still und leise von der Showbühne. Dieser Vorgang wird dann so lange wiederholt, bis in jeder der beiden Volksgruppen nur noch jeweils ein in Alterssteifigkeit ergrautes Politkamel übrig ist. Mit zunehmendem Alter geht das Schreien gelegentlich in Grunzen oder Stöhnen über.
In der nun folgenden dritten Eskalationsstufe der Grauwal bewerfen sich diese beiden, nunmehr heiseren Politkamele mit Mundstuhl und allerlei Dreck. Hierbei gibt es Punkte für Treffsicherheit und die Fähigkeit, sich selbst möglichst schmutzabweisend mit Teflon einzureiben. Diese Phase der Grauwal dauert für gewöhnlich etwa drei Monate. In dieser Zeit wird die Intensität des gegenseitigen Dreckbewurfes exponentiell gesteigert.
Den Höhepunkt dieser Dreckschlacht bildet der so genannte Waltag. An diesem Tag begeben sich viele Kamele in den USA auf Waljagd. Weil es aber viel weniger Wale als Jäger gibt, werden aus Naturschutzgründen so genannte Wallokale eingerichtet. Hier gibt es für jedes Kamel eine Scheibe Wal, welche zunächst mit einem Kreuz gesegnet und anschließend für seine Beerdigung in eine Walurne geworfen wird.
Aus Pietätsgründen wird die nun folgende Walauszählung hinter verschlossenen Türen durchgeführt. Hierbei werden die Walurnen wieder ausgekippt und die darin enthaltenen Walscheiben auf zwei annähernd gleich große Stapel sortiert. Die Form, Größe und Platzierung des Kreuzes auf der jeweiligen Walscheibe spielt hierfür jedoch keine Rolle. Jeder Stapel wird anschließend in einen roten und einen blauen Karton gesteckt. Ein so genanntes Walkamel zählt nun von 10 rückwärts und wird bei 0 von der Walleiter aus mit den beiden Kartons beworfen. Gewonnen hat in diesem Wallokal diejenige Volksgruppe, deren Farbkarton das Walkamel trifft oder K.O. schlägt.
Am Abend des Waltages melden dann sämtliche Krankenhäuser und Spitäler im Land die Farbe der Hämatome der eingelieferten Walkamele an die so genannte Walkommission. Gewonnen hat die Grauwal am Ende vorläufig die Volksgruppe mit den meisten roten bzw. blauen Flecken an Walkamelen. Während der nun folgenden Genesungsphase werden die Flecken noch einmal genau nachgezählt. Nach erfolgreicher Genesung reist das Walkamel zusammen mit allen anderen Walkamelen nach Washington und benennt dort die Farbe des siegreichen Hämatoms - Rot oder Blau. Hierbei sind die Walkamele jedoch nicht verpflichtet, die Wahrheit zu sagen.
Der Sieger der Grauwal bestimmt sich jedoch nicht anhand der absoluten Anzahl von Walkamelfarbstimmen. Vielmehr werden die Walkamele nach dem Zufallsprinzip in 51 Gruppen eingeteilt, innerhalb derer nach dem Mehrheitsprinzip die Siegfarbe bestimmt wird und anschließend wiederum nach dem Mehrheitsprinzip die einzelnen Gruppen ausgezählt.
Nach wochenlanger Zählerei steht eine Siegfarbe fest und damit auch ein Politkamel, das die nächsten vier Jahre machen kann was es will. Das Bemerkenswerte an diesem Walverfahren ist, dass weder die Anzahl der abgegebenen Walscheiben eine Rolle spielt, noch wie viele Kamele für eine bestimmte Farbe gestimmt haben. Das Ganze ist im Grunde nur eine völlig sinnlose Show, welche rein zur Volksbelustigung dient.
Manchmal ist das am Ende unterlegene Politkamel mit dem Ausgang der Grauwal jedoch nicht einverstanden. In dem Fall zerrt es den filetierten Wal vor Gericht, wo er dann noch einmal ausführlich juristisch zubereitet wird. Das finden jedoch die meisten Amerikaner einfach nur zum Kotzen.