Neue Seidenstraße
Die Neue Seidenstraße ist ein Missionsprojekt der chinesischen Regierung. Und das kam so:
Nach dem völligen Glaubensverlust von Milliarden Menschen qua Kulturrevolution dachte sich der Mao-Nachfolger Deng Chopin einen Plan aus, die Chinesen vorsichtig wieder Glaubenswelten jenseits schnöd profanen Glaubens an Partei samt "großem" Vorsitzenden (und vor allem Kassenwart!) anzunähern. Denn die moderne Kulturwissenschaft hält es für absolut ausgeschlossen, dass ein Zweibeiner den "aufrechten Gang" üben kann, wenn er sich nicht eines unsichtbaren Rollators bedient, auf den er sich verlassen kann. Diese göttliche Stütze hält allen ernst zu nehmenden anthropologischen Studien der Neuzeit zufolge Menschen auf den Beinen.
Und wenn so ein überwältigend neuer Glaube kommt, kommt gewiss auch ein neuer Messias. Für diesen Fall wird im Parteiauftrag prophylaktisch in Chinas feinsten Seidenwebereien die Neue Seidenstraße aus leuchtend strahlend rot gefärbtem natürlich fadenförmigem Seideraupenmilchgeronnenem hufgewebt von den intelligentesten Kamelen Chinas, jenen wilden Trampeltieren aus den absoluten Hot&Dry-Spots der Wüste Gabi, denn wenn der neue Messias nach Peking kommt, dann gewiss nicht auf einem Esel, sondern auf einem von ihnen geritten.
Dann wird sie auch vor ihm ausgerollt, die neue Seidenstraße. Aus feinster Seide - ein Kilo des Stoffballens ergibt ausgerollt 10 Kilometer Seidenstraße. Triumphal soll sein Einzug auf dem wilden Kamelhengst sein, oder ihr Einzug, wenn es sich um eine Messia handeln sollte, in deren Gefolge auch ihr heiliger Vater Marius befindlich sein wird, um die Geschlechterrollen endgültig zu revolutionieren.
Dr. O. Medar, ein bekannter Kamelologe, sieht das Vorhaben kritisch, denn Kamele aus den Hot&Dry-Spots der Wüste Gabi kennen keine Kamelhengste, sondern eher sowas wie wilde Kamelstiere, und wenn die ein Rotes Tuch sehen, werden sie wild und bockig wie ein Rodeo-Bulle. Das könnte zwar zum Beweis der übermenschlichen Sattelfestigkeit des neuen Messias führen, aber nur, wenn der wilde Kamelstier sich nicht hoffnungslos verheddert in seinem Weg, der 100 Kilometer langen Stoffbahn, und dabei in seinem wilden Kameltanz alles verwickelt in ein Seidenknäuel, in dem am Ende der neue Religionsstifter samt seinem Kamel und seinem Gefolge und etliche der am Neuen Seidenstraßenrand stehenden, in maoistischer Arbeitsuniform mit Roter-Stern-Schirmmütze feierlich gewandeten JubelchinesInnEn verknäuelt zusammen ein kugelrundes Knäuel bilden, das dann in eine ganz andere Richtung rollt, zum Beispiel in den tiefen Dreischluchtenstausee, so dass der Chronist über den betroffenen Religionsgründer lakonisch vermerken wird: "Gluck, gluck, weg war er!"
Nicht zu verwechseln mit: Langsatzspiel